Museum für Papier und Buchkunst

Die historische Bausubstanz des alten Lenninger Ortsadelssitzes, des Schlössles in Oberlenningen ist ein geradezu idealer Rahmen für das im 2. Stock untergebrachte „Museum für Papier- und Buchkunst“. Dieses ist in seiner Einmaligkeit inzwischen zu einem Anziehungspunkt vieler Interessentinnen und Interessenten aus dem In- und Ausland geworden.“Bücher, die man nicht lesen und Papier, das man nicht beschreiben kann“ bilden diese Ausstellung. Thema der neuen Kultureinrichtung ist die künstlerische Bearbeitung von Papier und Papierprodukten. Es werden die Werke von Künstlern ausgestellt, die sich mit der Materie Buch und Papier auseinandersetzen.

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Die Museumskonzeption wurde von der Papierfabrik Scheufelen in Oberlenningen anlässlich der 100-jährige Wiederkehr der Erfindung des Kunstdruckpapiers durch den Papierfabrikanten Adolf Scheufelen erstellt. Die Exponate erwarb 2010 der Förderkreis Schlössle und stellt sie der Gemeinde Lenningen als Dauerleihgabe zur Verfügung.

Auf 200m² befindet sich ein Museum, bei dem auch die Grenzbereiche künstlerischen Schaffens und Experimente nicht ausgespart bleiben. Dabei werden vor allem die Arbeiten deutscher und wenig bekannter Künstler ausgestellt. Ziel des Museums ist es, mehr Verständnis für den künstlerischen Umgang mit dem Material Papier zu wecken.

Ausstellungskonzept

Das Lenninger Museum für Papier- und Buchkunst ist nahezu einmalig mit seinem Ausstellungskonzept. Es bietet eine Ausstellung, die Werke moderner Papierkunst im Gewand des historischen Denkmals, des Oberlenninger Schlössle, präsentiert. Das Museum will zu einer neuen Sicht auf das so alltägliche Material Papier beitragen. Deshalb werden neben einem kurzen Abriss über die Geschichte der Papierherstellung vor allem aktuelle künstlerische Arbeiten aus Papier vorgestellt. Die Abteilungen Buchobjekte und Papierkunst präsentieren zwei Kunstrichtungen, die sich noch sehr lebendig weiterentwickeln und gerade in den letzten Jahren spannende Arbeiten hervorgebracht haben. Das Museum zeigt, wie vielfältig und lebendig die Auseinandersetzung mit Papier und Buch in der Gegenwart ist.

Anlass und Stifter

Anlass für die Museumsgründung 1992 war die Erfindung des Kunstdruckpapiers vor damals 100 Jahren. Der Papierfabrikant Adolf Scheufelen nahm in Oberlenningen 1892 die erste Streichmaschine auf dem europäischen Kontinent in Betrieb, mit der das hochwertige Kunstdruckpapier hergestellt werden konnte. Zu diesem Jubiläum stiftete die Papierfabrik Scheufelen der Gemeinde ein Museum für Papier- und Buchkunst. Das Unternehmen besorgte die Museumskonzeption, sowie die Inneneinrichtung. Die Exponate erwarb 2010 der Förderkreis Schlössle und stellt sie der Gemeinde Lenningen als Dauerleihgabe zur Verfügung.

Architektur

Papiermuseum 3Nach der aufwendigen und gelungenen Renovierung des Schlössle in Oberlenningen ist es aufs beste gelungen, das architektonische Denkmal aus dem 16. Jahrhundert und die moderne Nutzung als Museum in harmonischen Einklang zu bringen. Sinn war es, die Museumsgestaltung nicht in Konkurrenz zu der historischen Architektur treten zu lassen; die Kunstwerke sind im Innern aufgestellt und die architektonische Hülle ist nicht angetastet. Die sachliche und zurückhaltende Darstellung entspricht einerseits dem Präsentationskonzept und fügt sich andererseits nahtlos in die Anforderungen des Denkmalschutzes ein. Historisches Denkmal und moderne museale Nutzung ergänzen sich auf diese Weise optimal.

Die einzelnen Abteilungen des Museums

Die historische Abteilung gibt in einem kurzen Abriß die Geschichte des Papiers mit handgeschöpften Papiersorten aus aller Welt wieder. Mit dem Bereich Papierkunst wird eine vergleichsweise junge Kunstform vorgestellt, die eine eigenständige ästhetische Qualität entwickelt hat. Neben Arbeiten von Hort Antes, Oskar Holweck, Dorothea Reese-Heim werden auch drei Papier-Raum-Installsationen im Museum zu finden sein.

Moderne Papierkunst entsteht in Europa Anfang des 20. Jahrhunderts. Zunächst verwenden Pablo Picasso und Georges Braque Zeitungsschnipsel und Tapetenfetzen für ihre papiers collè.

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Schon beim Entstehungsprozeß können die Künstler die Papiermasse (Pulp) nach ihren Bedürfnissen formen und gestalten. Der Pulp ermöglicht eine freie, auch dreidimensionale Gestaltung. Papierkunst ist heute aktueller als je zuvor. Sie ist in vielen Ländern verbreitet und hat sich zu einer eigenständigen Sparte innerhalb der bildenden Kunst emanzipiert. In der Abteilung Buchkultur werden Bücher ausgestellt, die von bildenden Künstlern konzipiert und gestaltet wurden. Neben dem kleinsten Buch der Welt sind auch zahlreiche Handpressendrucke zu sehen.

Nicht erst seit Johannes Gutenbergs Erfindung des Druckens mit seriell hergestellten Lettern um 1450 sind Bücher ein Bestandteil der Kultur. Schon die reich illustrierten mittelalterlichen Handschriften sind mehr als reine Lesebücher. Der Einband, der Lederrücken, die grafische Gestaltung, die Typografie, die Bildillustrationen – dies alles sind künstlerische Elemente, die über den konkreten Nutzen des Buches als Leseobjekt hinausweisen. Die sogenannten Künstlerbücher erheben den Anspruch, selbst Kunstwerk zu sein. Die Lesbarkeit des Inhalts spielt eine untergeordnete Rolle, durch die Abfolge von einzelnen Blättern sind sie aber noch eindeutig als Buch erkennbar. Künstlerbücher fordern vom Betrachter Toleranz, geben Anlass zum Nachdenken.

Während die illustrative Buchkunst seit Jahrhunderten bekannt ist, sind die Künstlerbücher eine relativ junge Kunstform. Im ersten Drittel dieses Jahrhunderts haben sich die Dadaisten, die Futuristen und die Surrealisten mit dem Buch als Kunstwerk auseinandergesetzt. Seit den 60er Jahren ist das Buch in der Kunst wieder aktuell geworden. Die Buchobjekte, denen ein eigener Raum gewidmet ist, sind der äußeren Form nach zwar noch als Bücher zu erkennen; es handelt  sich hierbei aber um Kunstobjekte, die nicht mehr lesbar sind. Ausgestellt werden unter anderem Werke von Vito Capone, Hermann Gruber, Wolfang Nieblich, Dieter Roth, Martin Schwarz, Wolf Vostell.

Buchobjekte sind Kunstwerke, die keine Bücher mehr sind. Sie haben den äußeren Anschein eines Buches, können aber im herkömmlichen Sinn nicht mehr „gelesen“ werden. Buchobjekte erfordern vom Betrachter eine neue, erweiterte Leseart, die neben der gedanklichen Auseinandersetzung alle Sinne zu neuen Erfahrungen anregt. Als Kunstwerke sind sie eher dem Bereich der Skulptur als dem der bibliophilen Welt zuzuordnen. Die Kunst hat die Buchobjekte – ähnlich wie die Künstlerbücher – erst im 20. Jahrhundert entdeckt. Seit etwa 1970 ist eine verstärkte Auseinnandersetzung mit dem Buch festzustellen. Buchobjekte sind eine künstlerische Antwort auf die Ausbreitung der elektronischen Medien, die immer mehr Bilder und Symbole produzieren. Einer unübersichtlichen und schnelllebigen Medienwelt gegenüber ist das Buch beständig – als Lesebuch und als Kunstwerk. In einer „Kinderecke“ gibt es u.a. einige sehr wertvolle Antiquariate zu sehen. Hier stehen auch Papier, Schere, Klebstoff und Farbstifte bereit, mit denen gebastelt und gestaltet werden kann. Anregungen für kreatives Arbeiten bieten die Ausstellungsobjekte aus dem gesamten Museumsbereich. In einem Rückblick wird auf die Bedeutung des Papiers als Spielzeugmaterial für historische Papiertheater und Scherenschnitte hingewiesen.